Das Netzwerk Inklusives Bremerhaven und das Kammerensemble Konsonanz wurden mit dem Bremer Diversity Preis ausgezeichnet. Diversity-Persönlichkeit 2025 ist der Vorsitzende des Pan-Afrikanischen Vereins Bremen und Organisator des African Football Cup, Chief Muritala Awolola. Die Preisverleihung fand am Dienstagabend, 27. Mai 2025, dem 13. Deutschen Diversity-Tag, in der Bremenhalle am Airport Bremen statt. Die Auszeichnung vergibt das Zentrum für Interkulturelles Management & Diversity (ZIM) der Hochschule Bremen (HSB) seit 2010 in enger Kooperation mit der Trägergemeinschaft.
Alle Preisträger:innen haben ein Preisgeld von 2.500 Euro (pro Organisation) erhalten, eine Bronzeskulptur der Bremer Künstlerin Gisela Eufe, eine Urkunde sowie ein offizielles Siegel. Zusätzlich porträtiert ein eigens produzierter Diversity-Film den individuellen Ansatz jeder ausgezeichneten Organisation und macht ihren individuellen Beitrag sichtbar.
„Wir gratulieren den Preisträger:innen ganz herzlich zu ihrer Auszeichnung“, sagt Dr. Sabina Schoefer im Namen des Rektorats der HSB. „Die Preisträger:innen sind wichtige Vorbilder für unsere Gesellschaft.“ Die Konrektorin für Digitalisierung, Changemanagement und Diversity ist Teil der elfköpfigen Jury, die sich aus Expert:innen der Bereiche Bildung, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, Sport und Soziales zusammensetzt.
Prof. Dr. Carola Spiecker-Lampe, wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Interkulturelles Management & Diversity (ZIM) der Hochschule Bremen: „In einer Zeit, in der Menschen verstärkt Diskriminierung und Ausgrenzung erfahren – aufgrund ihrer Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung, Befähigung, ihres Geschlechts, Aussehens oder ihrer Lebensweise – ist es wichtiger denn je, Haltung zu zeigen. Der Diversity Preis setzt hier ein klares Zeichen: für eine offene, inklusive Gesellschaft und gegen jede Form von Ausgrenzung. Vielfalt ist kein Privileg, sondern ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Imperativ in einer demokratischen Gesellschaft.“
In ihrer Beurteilung der drei Preisträger:innen würdigt die Jury insbesondere deren Ansätze, die Vielfalt aktiv zu gestalten – etwa indem sie Mitarbeitende und Zielgruppen in ihrer Diversität wahrnehmen, fördern und einbinden, Diskriminierung entgegenwirken, gleiche Teilhabe ermöglichen und eine inklusive Organisationskultur entwickeln.
Das Netzwerk Inklusives Bremerhaven wird von der Stiftung Inklusive Stadt getragen. Es setzt seit Jahren starke Impulse für eine vielfältige und inklusive Gesellschaft und verfolgt ein mehrsprachiges Leitbild, das Themen wie Bewusstseinsbildung, Partizipation, barrierefreie Infrastruktur und inklusionsorientierte Unterstützungsangebote in den Mittelpunkt stellt.
Mit sieben interaktiven Inklusionskonferenzen in der Stadthalle Bremerhaven wurden bereits rund 1.000 Teilnehmende für das Thema sensibilisiert. Zielgruppenveranstaltungen, etwa für Personalverantwortliche, sowie ein „Barrierenparcours“ ermöglichen es, Barrieren konkret zu erleben und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Der „Raum für neue Perspektiven“ gab weiteren 1.000 Bürger:innen die Möglichkeit, Vielfalt neu zu denken und eigene Ideen für mehr Teilhabe zu entwickeln.
Rund 100 Ehrenamtliche und 22 Kooperationspartner:innen aus unterschiedlichsten Bereichen – von Verwaltung über Sport, Handwerk und Politik bis zu Selbstbetroffenen und sozialen Träger:innen – engagieren sich aktiv. Dabei stehen Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen stets im Zentrum des Handelns.
Ableismus - wird klar benannt und bekämpft. Das Wort bezeichnet unterschiedliche Diskriminierungsformen gegenüber Menschen mit Behinderung. Das Netzwerk versteht sich als Impulsgeber, Motivator und Möglichmacher – es schafft Räume, stellt Ressourcen bereit und entwickelt neue Perspektiven.
„Nicht der erhobene Zeigefinger, sondern die aktivierende Inspiration, das Erleben von Leichtigkeit und die erste Hilfe bei der Umsetzung sind unser Erfolgsrezept“, sagt Christiane Johannsen, Vorstand der Stiftung Inklusive Stadt. „Auch inklusive Freizeitangebote wie Segeltörns auf einem rollstuhlgerechten Boot oder Rollstuhlbasketball zeigen: Inklusion kann begeistern – und verbindet.“, sagt Alexandra Göddert, Koordinatorin Netzwerk Inklusives Bremerhaven.
Das Kammerensemble Konsonanz steht für musikalische Exzellenz und gesellschaftliches Engagement. Die Mitglieder stammen aus 17 verschiedenen Ländern – diese kulturelle Vielfalt prägt sowohl das Team als auch das Repertoire des Ensembles.
Mit dem Ziel, klassische Musik aus dem eurozentrischen und männlich geprägten Kanon zu befreien, bringt das Ensemble Werke zur Aufführung, die selten gehört werden – darunter Kompositionen von Frauen, von unterdrückten Künstler:innen oder international weniger bekannten Musiker:innen. Die Konzerte finden oft an ungewöhnlichen Orten statt, sind niedrigschwellig oder sogar kostenfrei zugänglich.
„Vielfalt bedeutet für uns weit mehr als ein diverses Ensemble – sie ist das Herzstück unserer musikalischen Mission“, sagt Valentina Rojas Loa, Fundraiserin des Ensembles. Die Musiker:innen begegnen sich hierarchiefrei, die Auswahl erfolgt fähigkeits- und wertebasiert. Im Mittelpunkt stehen Begegnung auf Augenhöhe, Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe.
Das Ensemble arbeitet interdisziplinär – mit Tanz, Literatur, Film – und setzt bewusst auf intersektionale Perspektiven. Projekte wie „Mein Song“, bei dem Jugendliche eigene Lieder zu Erfahrungen mit Diskriminierung und Rassismus komponieren, oder Kooperationen mit Arco e.V. und dem „TipTap Orchester“ an einer Bremer Grundschule schaffen Zugang zu klassischer Musik für Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen.
„Wir hinterfragen regelmäßig die blinden Flecken unserer Kunstform“, so David Cisternas, Violinist, Organisator und einer der Gründer:innen des Ensembles. „Unser Ansatz geht über die Besetzung hinaus – er prägt Programm, Orte und Haltung. Musik ist für uns ein Medium, das Brücken schlägt – zwischen Kulturen, Generationen und Lebensrealitäten.“
Chief Muritala Awolola wurde 1957 in Erin-Ile, Nigeria, geboren und lebt seit 1988 in Bremen. Seit 1999 ist er als Gabelstaplerfahrer und Kommissionär bei Lorel Logistik tätig. Trotz seiner beruflichen Verpflichtungen engagiert er sich seit über zwei Jahrzehnten mit großem Einsatz für Menschen afrikanischer Herkunft – insbesondere für jene, die gesellschaftlich oft marginalisiert sind.
Als Gründer und Vorsitzender des Pan-Afrikanischen Kulturvereins Bremen (2003), des African Football Cup (2004) und des African Football Cup für Frauen (2012) schafft er niedrigschwellige Begegnungsräume für Menschen mit afrikanischer Zuwanderungsgeschichte. Die Sportveranstaltungen motivieren unterschiedlichste Menschen, sich als ehrenamtliche Helfer:innen zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen.
Chief Awolola ist bekannt für seinen Einsatz zur gewaltfreien Konfliktlösung und für seinen besonderen Fokus auf Jugendliche mit Fluchterfahrung aus Afrika. Er bietet ihnen Freizeitangebote und Deutschunterricht – konkrete Schritte zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration. Bereits 2010 gründete er in Nigeria das Mädchenfußballteam Moje Queen, um junge Frauen in ihrer Selbstständigkeit zu stärken.
Auch über den Sport hinaus wirkt er verbindend: So organisierte er 2019 den Mandela Cup für Jugendliche aller Nationen. Bereits 2012 war er als Delegierter Bremens beim Tag der Deutschen Einheit in München vertreten. 2015 würdigte ihn der damalige SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel für sein „sozialdemokratisches Engagement für Menschen mit Fluchterfahrung“.
„Chief Muritala Awolola ist ein Vorbild für gelungene Inklusion, Empowerment und respektvolles Miteinander“, so das Urteil der Jury. „Sein nachhaltiges Engagement macht ihn zu einer herausragenden Diversity-Persönlichkeit.“
Mit dem Bremer Diversity Preis „Vielfalt – unser Schlüssel zur Zukunft!“ werden Unternehmen und Institutionen im Land Bremen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für Vielfalt, gleiche Teilhabe und Antidiskriminierung einsetzen. Der Preis würdigt kreative und nachhaltige Ansätze im Diversity Management und macht deren positiven Einfluss auf Arbeitskultur, gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirtschaftlichen Erfolg sichtbar. Mit mehr als 35 Preisträger:innen, über 200 Bewerber:innen sowie einer Trägergemeinschaft aus namhaften Organisationen ist der Bremer Diversity Preis einzigartig und unterstreicht seit 2010 nachdrücklich die Weltoffenheit der Freien Hansestadt Bremen.
Die Mitglieder der Trägergemeinschaft sind: BLG Logistics, Die Sparkasse Bremen, Hochschule Bremen (HSB), Mercedes-Benz Bremen, OHB, Techniker Krankenkasse, Universität Bremen, Werder Bremen und die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Die Auszeichnung wird von der Wolfgang-Ritter-Stiftung gefördert.