Prof. Dr. Lisowski sprach zu Martin Sellners Konzept der "Remigration". Was es bedeutet, wieso man es kennen und wie man es einschätzen sollte.
…und raus bist du! Das Remigrationskonzept der identitären Rechten
Seit Monaten diskutiert Deutschland intensiv über Themen der Migration und damit verbunden Fragen der nationalen Identität und der multikulturellen Gesellschaft. Seit etwa einem Jahr ist dieses Thema laut Forschungsgruppe Wahlen für die Menschen in Deutschland das wichtigste gesellschaftliche und politische Thema überhaupt. Nicht nur in den Medien wird es intensiv erörtert, sondern im ganzen Land; in Familien, Vereinen und Gemeinden. Das interkonfessionelle „Forum St. Peter“ der Katholischen Kirche in Oldenburg hatte Professor Dr. Rainer Lisowski zu diesem Thema eingeladen. Der Politikwissenschaftler beleuchtete zunächst in seinem Vortrag das Anfang dieses Jahres bekannt gewordene Remigrationskonzept des rechtsidentitären Martin Sellner und diskutierte anschließend mit den Anwesenden dessen Auswirkungen und Problematiken für den politischen Diskurs.
„Sellner legt einen recht umfassenden, konzeptionellen Entwurf für Remigration vor. Kurz gesagt geht es ihm darum, eine jahrzehntelange Phase einzuläuten, um die Migration in die Bundesrepublik der letzten vier bis fünf Jahrzehnte wieder rückgängig zu machen. Will man derartiges auf etwa 170 Seiten vorstellen, so wie Sellner es tut, sind Ungenauigkeiten und viele vage Aussagen vorprogrammiert. Etwa wenn Sellner einerseits berechnet, dass nach seinen Vorstellungen nur wenige zehntausend Menschen pro Jahr in die Bundesrepublik migrieren dürfen und er dabei ausländische Studierende mit einbezieht. Die allein machen aktuell aber jedes Jahr fast eine halbe Million Menschen aus. Solche Details ändern aber nichts daran, dass Sellner einen – immer aus seiner politischen Weltsicht betrachtet! – halbwegs schlüssigen Gesamtentwurf vorstellt. Und genau das birgt den Sprengstoff seiner Schrift. Will man dem etwas entgegensetzen, muss man von den oberflächlichen Fragen wie etwa der Bedeutung von Migration für den Arbeitsmarkt Abstand nehmen, und sich tiefer gehenden Fragen stellen: Was sind wir für ein Land, was bedeutet es „deutsch“ zu sein? Was erwarten wir von Menschen, wenn wir den Begriff der Integration verwenden?“
Auf den Vortrag folgte dann auch eine lange und intensive Diskussion über diese Themen, die der Theologe Benedikt Feldhaus, Leiter des Forum St. Peter, mit dem Hinweis schloss, man werde diese Diskussion vermutlich in näherer Zukunft noch einmal wieder aufgreifen müssen, weil sich unmöglich alle Fragen klären ließen. Der Vortrag wurde im Rahmen der Third Mission gehalten. Die so genannte dritte Mission – neben Forschung und Lehre – bedeutet, dass Hochschulen sich stärker mit der Gesellschaft verflechten und ihr Wissen und ihre Expertise in diese hineintragen.
© Prof. Dr. Lisowski